Launch-Analyse AMD Radeon R9 Nano

Freitag, 11. September 2015
 / von Leonidas
 

Mit der Radeon R9 Nano stellt AMD die dritte Fiji-basierte Grafikkarte vor – und schlägt einen völlig neuen Weg bei HighEnd-Grafikkarten ein: Anstatt jene wie bisher immer möglichst an ihre Leistungsspitze zu treiben, hat AMD bei der Radeon R9 Fury vielmehr deren "SweetSpot" gesucht – jenen Punkt im Taktspektrum, wo man die höchste Effizienz aus Grafikkarten-Performance zur Leistungsaufnahme erreicht. Die Radeon R9 Nano ist damit nicht auf absolute Höchstleistungen ausgerichtet – und kommt jener dennoch erstaunlich nahe, wie sich nachfolgend ergeben wird. Durch die Konzentration auf die höchstmögliche Effizienz konnte die Radeon R9 Nano dann aber auch in einer für HighEnd-Grafikkarten ungewöhnlichen MiniITX-Bauform mittels einer nur 15,3cm langen Grafikkarte erscheinen. Unser Artikel trägt wiederum alle Details und Daten zur neuen AMD-Karte zusammen sowie wird vor allem eine Auswertung der aufgelaufenen Performance-Werte betreiben, auf daß das exakte Performance-Profil der Radeon R9 Nano herausgearbeitet werden kann.

AMD Radeon R9 Nano Referenzmodell
AMD Radeon R9 Nano Referenzmodell
AMD Radeon R9 Nano Unboxed
AMD Radeon R9 Nano Unboxed

Für die Radeon R9 Nano stand wie gesagt erneut AMDs aktueller Enthusiasten-Chip "Fiji" Pate – welchen AMD sogar im unangetasteten Vollausbau ins Rennen schickt. Nur bei den Taktraten gibt es einen kleinen Einschnitt gegenüber dem amtierenden Spitzenmodell in Form der Radeon R9 Fury X: ≤1050/500 MHz für das aktuelle AMD-Spitzenmodell, ≤1000/500 MHz für die Nano. Der eigentliche Unterschied – neben der kleinen Bauform – ist dabei nicht über eine Spezifikationstabelle zu erfassen: Während alle der letzten AMD-Karten ihren maximalen Takt faktisch durchgehend auch im Praxiseinsatz gehalten haben, gilt dieser Maximaltakt für die Radeon R9 Nano nunmehr im eigentlichen Sinne des Wortlauts: Die Karte kann mit maximal 1000 MHz Chiptakt laufen – muß es aber nicht. Die auf 175 Watt begrenzte "Typical Board Power" (TBP) der Karte zwingt jene in jedem Fall dazu, diese maximale Taktvorgabe faktisch durchgehend nach unten hin zu verlassen.

GeForce GTX 970 GeForce GTX 980 Radeon R9 Nano Radeon R9 Fury Radeon R9 Fury X
Chipbasis nVidia GM204, 5,2 Mrd. Transistoren in 28nm auf 398mm² Chipfläche AMD Fiji, 8,9 Mrd. Transistoren in 28nm auf 596mm² Chipfläche
Architektur Maxwell 2, DirectX 12.1 GCN 1.2, DirectX 12.0
Features PhysX, SLI, DSR, G-Sync Mantle, CrossFire, VSR, FreeSync, TrueAudio
Technik 4 Raster-Engines (mit doppelter Raster-Power), 1664 Shader-Einheiten, 104 TMUs, 56 ROPs, 224 Bit DDR Interface 4 Raster-Engines (mit doppelter Raster-Power), 2048 Shader-Einheiten, 128 TMUs, 64 ROPs, 256 Bit DDR Interface 4 Raster-Engines, 4096 Shader-Einheiten, 256 TMUs, 64 ROPs, 4096 Bit DDR HBM-Interface 4 Raster-Engines, 3584 Shader-Einheiten, 224 TMUs, 64 ROPs, 4096 Bit DDR HBM-Interface 4 Raster-Engines, 4096 Shader-Einheiten, 256 TMUs, 64 ROPs, 4096 Bit DDR HBM-Interface
Taktraten 1050/1178/3500 MHz
(Ø-Chiptakt: ~1150 MHz)
1126/1216/3500 MHz
(Ø-Chiptakt: 1144 MHz)
≤1000/500 MHz
(Ø-Chiptakt: 876 MHz)
≤1000/500 MHz
(Ø-Chiptakt: 1000 MHz)
≤1050/500 MHz
(Ø-Chiptakt: 1050 MHz)
Speicherausbau 3,5 GB GDDR5
(4 GB verbaut, nur 3,5 GB performant nutzbar)
4 GB GDDR5 4 GB HBM1 4 GB HBM1 4 GB HBM1
Layout DualSlot DualSlot DualSlot, MiniITX-tauglich DualSlot DualSlot
Kartenlänge 27,0cm 27,0cm 15,3cm 31cm
(Herstellerdesigns)
19,7cm
Stromstecker 2x 6pol. 2x 6pol. 1x 8pol. 2x 8pol. 2x 8pol.
TDP/TBP/GCP 145W (GCP) 165W (GCP) 175W (TBP) 275W (TBP) 275W (TBP)
Idle-Verbrauch 12W 12W ~13W 15W 21W
Spiele-Verbrauch 161W 174W ~185W 256W 289W
Ausgänge DualLink DVI-I, HDMI 2.0 (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 DualLink DVI-I, HDMI 2.0 (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2 HDMI 1.4a (kein HDCP 2.2), 3x DisplayPort 1.2
3DC Perf.Index 520% 600% 600% 620% 670%
4K Perf.Index 60% 70% 80% 85% 95%
Ref./Herst./OC / / / / / / / / / /
Listenpreis 329$ 499$ 649$ 549$ 649$
Straßenpreis 310-340€ 470-520€ 690-730€ 540-600€ 700-750€
Release 19. September 2014 10. September 2015 10. Juli 2015 24. Juni 2015

Die Angaben zum real anliegenden Chiptakt unter Spielen schwanken dabei etwas: Bei Golem sind es "rund 900 MHz", Hardwareluxx sprechen zitieren die AMD-offizielle Aussage "zwischen 850 und 950 MHz" und fügen gemäß eigener Erfahrung ein "häufiger aber am unteren Ende des Bereichs" hinzu, bei Tom's Hardware sind es grob 860-870 MHz – und letztlich hat die ComputerBase im Schnitt von 18 Testtiteln und nach 20 Minuten Aufwärmphase unter der 4K-Auflösung dann 876 MHz ermessen, was wohl den solidesten Wert zu dieser Frage darstellen dürfte. Unter niedrigeren Auflösungen fällt der real anliegende Takt tendentiell etwas höher aus, liegt dort manchmal sogar über 900 MHz.

Setzt man das PowerTarget der Karte auf den Maximalwert (+50%), werden dagegen Taktraten von nahezu 1000 MHz erreicht – zur Performance der Radeon R9 Fury X fehlen noch deren 50 MHz höhere Chiptaktrate, die Radeon R9 Fury wird dann jedoch zuverlässig bei der Performance überboten. Auf regulärem PowerTarget wird hingegen nahezu die Rohleistung der Radeon R9 Fury erreicht – Shader- und Texturierpower sind gleich, die Speicherbandbreite sowieso, nur bei den Nebenwerten Rasterizer- und ROP-Leistung liegt die Radeon R9 Nano etwas gegenüber der Radeon R9 Fury zurück. Allerdings zeigt die Erfahrung, daß weniger Shader-Einheiten mit höherem Takt (Fury) immer etwas besser laufen als mehr Shader-Einheiten mit niedrigerem Takt (Nano) – hier liegt ein weiterer kleiner Vorteil zugunsten der Radeon R9 Fury.

Ziel der ganzen Effizienz-Ausrichtung bei der Radeon R9 Nano ist natürlich ein verträglicher Stromverbrauch in einem für HighEnd-Grafikkarten ansonsten nicht erreichbaren Stromverbrauchs-Territorium. Hierfür regelt sich die Karte im Normalfall primär an ihrem PowerTarget ab – welches gemäß der Messungen diverser Webseiten allerdings nicht bei den offiziellen 175 Watt liegt, sondern leicht darüber bei ca. 185 Watt. Dafür sind allerdings auch (die derzeit teilweise angedachten) Messungen zum durchschnittlichen Spiele-Stromverbrauch zumindest bei der Radeon R9 Nano noch nicht notwendig: Jene ca. 185 Watt liegen bei dieser Karte faktisch dauerhaft an – wenn mehr Reserven vorhanden sind, geht halt der Chiptakt entsprechend nach oben. Andere Grafikkarten verbrauchen hingegen in aller Regel im Durchschnitt 20-30 Watt weniger als ihre gemessenen Maximalwerte:

Hardware.fr Heise HT4U PCGH TechPowerUp Tom's HW Ø Perf./TDP
GeForce GTX Titan X 15W
228W
11,8W
250,0W
18W
242W
11W
223W
9W
224W
13W
240W
760%
250W
GeForce GTX 980 Ti 15W
226W
13W
244W
12,8W
250,0W
15W
236W
11W
211W
10,4W
233,5W
13W
237W
730%
250W
GeForce GTX 980 12W
155W
?
173W
11,2W
180,0W
11,5W
160W
8W
156W
15W
185W
12W
174W
600%
165W
GeForce GTX 780 Ti 15W
220W
?
243W
12,9W
260,0W
16W
248W
10W
229W
10W
244W
13W
245W
530%
250W
GeForce GTX Titan Black 13,3W
243,0W
11W
226W
~13W
~230W
500%
250W
GeForce GTX Titan 13W
180W
11,9W
198,1W
13W
214W
10W
208W
11W
233W
12W
206W
480%
250W
Radeon R9 290X (Quiet) 21W
219W
?
266W
20,0W
231,1W
21W
249W
16W
236W
16W
248W
19W
241W

250W
Radeon R9 290X (Uber) 22W
278W
20,0W
306,9W
21W
269W
17W
246W
16W
242W
19W
276W
520%
250W
Radeon R9 390X 18W
329W
14,4W
301,5W
14,4W
293,6W
16W
303W
570%
275W
Radeon R9 Nano 14W
185W
11W
186W
~13W
~185W
600%
175W
Radeon R9 Fury 15W
266W
14,9W
247,2W
15W
320W
10W
200W
16W
254W
15W
256W
620%
275W
Radeon R9 Fury X 22,5W
293,5W
20W
273W
20,0W
311,0W
21W
329W
20W
246W
22,0W
220,7W
21W
289W
670%
275W
Der obere Wert einer Zelle ist immer der Idle-Stromverbrauch, der untere Wert einer Zelle immer der Spiele-Stromverbrauch. In der Durchschnitts-Spalte ("Ø") fettgedruckte Werte basieren auf Berechnungen, die nicht fettgedruckte Werte sind Schätzungen. Die letzte Spalte enthält Angaben zum 3DCenter Performance-Index (oben) sowie zur offiziellen TDP (unten).

Interessant ist in dieser Frage im übrigen der Quervergleich bei Tom's Hardware zu einer Gigabyte GeForce GTX 970 Mini, welche – der Name sagt es schon – im Mini-ITX-Format daherkommt. Jene bei der reinen Performance natürlich viel schwächere Karte verbraucht trotz hochgesetztem PowerLimit im Schnitt nur 141 Watt im Spiele-Einsatz. Allerdings legt die Radeon R9 Nano natürlich locker und leicht unter der 4K-Auflösung ihre ~30% mehr Performance oben drauf – was dann zu der Situation führt, daß es bei der reinen Energieeffizienz (gegen eine der energieeffizientesten Grafikkarten von nVidia wohlgemerkt) sogar zu einem leichten Plus für AMD kommt: Die Rechnung fps pro Watt geht in diesem Beispiel mit 8,3% Vorsprung an die Radeon R9 Nano.

Trotz des verträglichen Stromverbrauchs der Radeon R9 Nano liegt bei der Geräuschentwicklung die Schwierigkeit darin, auf einer nur 15,3cm langen Platine eine entsprechend ausreichend dimensionierte Kühllösung unterzubringen – welche dann auch noch möglichst ohne große Geräuschsbelastung operiert. In dieser Frage ist die Radeon R9 Nano gutklassig ausgefallen – aber nicht ganz so überragend wie Radeon R9 Fury & Fury X (nach der Verbesserung der Pumpen-Bauform). Gemessen an anderen Grafikkarten außerhalb der beiden Fury-Modelle ist das Ergebnis der Lautstärke-Tests jedoch nicht zu beanstanden, in erster Linie wird nur das Fehlen eines passiven Betriebsmodus' im Windows-Betrieb bemängelt:

Idle Spiele
ComputerBase Der Lüfter der Radeon R9 Nano dreht im Desktop-Betrieb mit verhältnismäßig schnellen 1.570 Umdrehungen in der Minute. Leise ist die Radeon R9 Nano deshalb nicht. Auch aus einem geschlossenen Gehäuse ist durchweg ein leises Rauschen zu hören. In Zeiten, in denen die meisten Grafikkarten die Lüfter komplett abschalten können, ist dies nicht mehr zeitgemäß. Unter Last zeigt das Messgerät dann eine Lautstärke von 39 Dezibel für die Radeon R9 Nano an. Für solch einen kleinen Kühler ist dies in Anbetracht der Leistung ein gutes Ergebnis, denn der Lüfter ist zwar durchweg zu hören, stört aber nicht.
Golem Im Leerlauf rotiert der oben auf die Aluminiumlamellen gesetzte 90-mm-Axial-Lüfter sehr leise, aus dem geschlossenen Gehäuse heraus ist er kaum hörbar. Wie laut die Nano unter Last ist, hängt stark von der Umgebung ab. Die Kühlung ist auf maximal 77 Grad Celsius eingestellt und hält diese zur Not durch eine hohe Lüfterdrehzahl. In unserem Golem-Würfel rauscht die Nanokühlung ziemlich, nervig ist sie aber nie. Im gedämmten Define R4 bleibt die Karte klar hörbar, ohne zu stören.
Hardwareluxx Bei der Idle-Lautstärke haben natürlich alle Karten einen Vorteil, die ihren oder ihre Lüfter abschalten. Die Radeon R9 Nano kann dies nicht, liegt mit 38,8 dB(A) aber noch immer gut im Testfeld. Sie ist leiser als eine Radeon R9 Fury X und schlägt auch die High-End-Modelle von NVIDIA sowie die alten High-End-Karten aus dem Hause AMD. Auch unter Last zeigen sich die eben erwähnten Custom-Karten an der Spitze des Testfeldes, aber auch hier kommt die Radeon R9 Nano mit 43,4 dB(A) sehr nahe und liegt deutlich vor einer GeForce GTX 980, GTX 980 Ti oder Radeon R9 Fury X.
PC Games Hardware Im Freiluftaufbau, den PCGH standardmäßig für Grafikkartentests heranzieht, ist der CPU-Kühler subjektiv lauter als die Nano. Im schallarmen Raum offenbart sich eine Leerlauf-Lautheit von 0,7 Sone bei rund 1.500 Lüfterumdrehungen pro Minute, was als leises Surren wahrnehmbar ist. Der Lüfter bleibt stets aktiv, ein semi-aktiver Betriebsmodus fehlt der Radeon R9 Nano. Unter Last dreht der Sololüfter im Freiluftsystem auf höchstens 2.000 U/Min auf, was in einer guten, aber klar hörbaren Lautheit von 2,4 Sone resultiert. Unschön ist die klare Fiep- respektive Zirpneigung der spannungswandelnden Bauteile, abhängig von der Bildrate ist ein leises Rattern (zweistellige Fps) respektive Pfeifen (drei-/vierstellige Fps) zu hören.
Tom's Hardware Solange der Lüfter noch unterhalb von ca. 1500 U/min dreht, liegt auch der Geräuschpegel noch ungefähr auf dem von AMD beworbenen "Bibliotheks-Level". Wenn sich die Karte erwärmt und im Gehäuse dann über 2600 U/min am Grafikkartenlüfter anliegen, dann sieht das Festival des aufgedrehten Lüfters mit Motor- und Luftgeräuschen schon etwas lautstärker aus, auch wenn das Zirpen der Spulen nun fast komplett übertönt wird: Wir messen im Abstand von 50 cm mit dem kalibrierten Messmikrofon knapp über 46 dB(A), was zwar deutlich mehr ist als AMD in den Folien angibt, aber trotz allem immer noch um ganze Galaxien besser ausschaut als die unseligen Referenzlüfter verflossener Radeons (Stichwort "Uber"-Modus).
TweakPC Im normalen Idle Betrieb arbeitet die R9 Nano schön Leise bei gerade einmal 26 dBA. Allerdings verschenkt die Karte hier auch massiv Potential, denn der Lüfter dreht bereits bei 1520 UPM. Die GPU bringt es dabei gerade einmal auf 28 Grad. Mit einer geringeren Drehzahl könnte man die Karte also noch deutlich leiser bekommen, wobei sie auch so aus einem PC kaum herauszuhören ist. Die Karte vergeigt sich ihren bei Furmark aufgebauten recht guten Pegel hierbei leider. Das Spulenfiepen erhöht den Schalldruck auf 34,5 auf 36.68 dBA. Am Schalldruckpegel lässt sich der Unterschied aber lange nicht so gut ablesen wie am Noise Rating oder bei der Sone Messung. Das Noise Rating steigt von guten 32 auf eher bescheidene 39. Und bei der Sone Messung sehen wir nun 2,19 Sone, wo vorher nur 1,88 standen.