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Hardware- und Nachrichten-Links des 17. August 2021

Nachdem Mainboard- und Grafikkarten-Hersteller Gigabyte letzte Woche mit Ransomware seitens Hackern angegriffen wurde, habe letztere nunmehr Teile der dabei "erbeuteten" internen Dokumente veröffentlicht – um den Druck auf Gigabyte zu erhöhen, das Lösegeld zu zahlen. Hierbei hat man sich etwas herausgesucht, was in jedem Fall Aufmerksamkeit erregt sowie Ärger für Gigabyte bedeutet – nämlich primär interne AMD-Dokumente über zukünftige AMD Prozessoren-Generationen. Die damit einhergehenden Leaks wurden u.a. von der ComputerBase in zwei Meldungen – No.1 & No.2 – ausgewertet, beinhalten jedoch laut ExecutableFix @ Twitter nichts wirklich neues, zumindest wenn man die Gerüchteküche verfolgt hat. Allerdings werden damit dann eben auch viele Punkte, welche bisher nur als Gerücht oder (unbestätige) Leak bekannt waren, mittels der Hersteller-eigenen Dokumentation bestätigt. Dies trifft u.a. auf folgende Aussagen zu:

    bestätigte Punkte mittels des Gigabyte/AMD-Leaks:

  • nächste Threadripper-Generation "Chagall" mit bis zu 64 CPU-Kernen für die Sockel sTRX4 & sWRX8 ist weiterhin für 2021 angesetzt
  • Desktop-Sockel AM5 kommt mit 1718 Kontaktflächen im LGA-Format und für bis zu 170 Watt TDP
  • Desktop-Sockel AM5 benutzt die gleichen Lochbohrungen wie AM4 und könnte somit auch mit Sockel-AM4-Kühlern betreibbar sein
  • Server-Sockel SP5 kommt mit 6096 Kontaktflächen und für Peak-Leistungsaufnahmen bis zu 700 Watt
  • Zen 4 Architektur beherrscht AVX-512
  • ein Zen 4 CCD ist 72mm² groß und beinhaltet wiederum 8 CPU-Kerne unter der 5nm-Fertigung
  • ein Zen 4 Server-I/O-Die ist 397mm² groß
  • Zen 4 Server-Ausführung "Genoa" kommt mit bis zu 96 CPU-Kernen und 12-Kanal-Speicherinterface

Interessant an dem Fall ist somit vielleicht in erster Linie, dass hiermit die Leaks der Vergangenheit vollens bestätigt werden konnten – sprich, die Leaker haben tatsächlich reale Daten verbreitet, womöglich auf Basis exakt dieser Dokumente (Beispiel: Zen-4-Chipflächen). Jene dürften wohl breit in der PC-Industrie bekannt sein, denn Gigabyte ist dann auch nur ein (wichtiger) Mainboard-Hersteller unter anderen wichtigen Herstellern. Doch da AMD nur die Prozessoren selber liefert, ist man für komplette PC- und Server-Systeme (gerade auf Basis neuer Architekturen) auf die Zusammenarbeit wie auch Vorarbeit anderer Hersteller angewiesen. Dieser Fall erklärt somit also auch, wie Leaks (mit realen Daten) möglich sein können – und eventuell sogar überhaupt nicht zu verhindern sind, wenn mehr als ein Jahr vor dem Produktlaunch bereits eine solcherart umfangreiche Dokumentation außerhalb AMDs existiert.

Bei Grafikkarten ist dies im übrigen gänzlich anders gelagert: Da hierbei die Grafikchip-Entwickler mittels ihrer Referenz-Designs faktisch das gesamte "System" – Chip, Platine, Spannungswandlung & Speicher – vorgedacht haben, ist keine vorherige Information oder Zusammenarbeit mit den Grafikkarten-Herstellern unbedingt notwendig. Dies kann man trotzdem machen, um zum Launchtag die Verfügbarkeit von Herstellerdesigns zu garantieren – muß man allerdings nicht tun, wenn man den Launch rein mit Referenzdesigns begehen will. Zudem ist über die Vorarbeit der Grafikchip-Entwickler mit ihren Referenzplatinen (welche es auch dann gibt, wenn die Referenzplatine selber nicht in den Handel geht) auch der Zeitraum, um welche man die Grafikkarten-Hersteller vorab informieren muß, drastisch kürzer. Faktisch stampfen die Grafikkarten-Hersteller auf Basis der Angaben des Grafikchip-Entwicklers ein Grafikkarten-Eigendesign in wenigen Wochen aus dem Boden.

Oftmals wird dabei auch nur ein bestehendes Karten-Design nur auf den vorliegenden neuen Grafikchip angepasst, bei ähnlicher Wattage können die Änderungen letztlich sogar gering sein und somit erheblich an Entwicklungs- und Validierungszeit eingespart werden. Dies erklärt ein wenig, wieso zu kommenden Grafikkarten-Generationen anfänglich oft nur Chip-seitige Informationen vorliegen – und die Masse an Leaks erst wenige Wochen vor Launch passiert: Bei der CPU-Entwicklung müssen frühzeitig größere Teile der PC-Industrie eingebunden werden, bei der Grafikkarten-Entwicklung kann man die Herausgabe von Informationen an die meisten Drittfirmen auf wenige Wochen vor Release beschränken. Und es gab durchaus Fälle, da hat speziell nVidia die Grafikkarten-Hersteller erst zur Releasewoche genauer informiert und den Launch selber dann nur mit seinen Eigendesigns bestritten. Dies ist im CPU-Bereich faktisch unmöglich – womit dort vor Release immer ein deutlich höheres Aufkommen an Leaks und Gerüchten existiert.

Bei Golem hat man sich den Core i3-10105F angesehen, Intels günstigsten Vierkerner aus dem Comet-Lake-Refresh, welcher die Rocket-Lake-Generation unterhalb des Sechskern-Bereichs ergänzt. Der eigentliche Gegner dieses Prozessors wäre wohl AMDs Ryzen 3 3100 – welcher jedoch wie der 3300X seit einiger Zeit nicht mehr wirklich verfügbar ist und damit rein praktisch nicht als Alternative zur Verfügung steht. Genau dieser Mangel an Alternativen macht den Core i3-10105F dann im Einsteiger-Bereich attraktiv: Zwar kann der Prozessor keine Spitzen-Performance anbringen, bietet dafür jedoch einen Straßenpreis unterhalb des Listenpreises – während der eigentlich viel attraktivere Core i5-11400F derzeit mal wieder klar mehr als der Listenpreis kostet. In der Praxis führt dies dann dazu, das zwischen 10105F und 11400F gerade einmal 25-30% Performance stehen, der Mehrpreis jedoch bei klar über dem Doppelten liegt – kein wirklich gutes Geschäft.

Hardware Anwendungen Spiele (FHD, P1)
Core i5-11400F RKL, 6C/12T, 2.6/4.4 GHz, $157, ab 215 Euro 130% 123%
Core i3-10105F CML-R, 4C/8T, 3.7/4.4 GHz, $97, ab 83 Euro 100% 100%
Core i7-7700K Kaby Lake, 4C/8T, 4.2/4.5 GHz, $339 98% 96%
Ryzen 5 1600AF Zen+, 6C/12T, 3.2/3.6 GHz, $189, ab 123 Euro 107% 91%
gemäß der Messungen von Golem unter 6 Anwendungen und 6 Spielen

Aufgrund des attraktiven Straßenpreises des Core i3-10105F kommt an dessen Preis/Leistungs-Verhältnis nicht einmal der Ryzen 5 1600AF heran – wobei dennoch zu fragen wäre, ob nicht dessen sechs CPU-Kerne (samt SMT) langfristig die bessere Lösung darstellen würden (und zudem wegen des Sockels AM4 dieses System nicht einfach aufzurüsten wäre). Nichtsdestotrotz schlägt sich AMD hierbei selber durch die praktische Abstinenz im Einsteiger-Segment – selbst der kürzlich vorgestellte Ryzen 5 5600G liegt schließlich schon bei einem Listenpreis von 259 Dollar, was Prozessoren-technisch eigentlich bereits Mittelklasse ist. Die beschränkten 7nm-Waferkapazitäten bei Chipfertiger TSMC führen an dieser Stelle dazu, dass AMD sich notgedrungen eher um die teureren und somit margenstarken Produkte kümmert – und alles andere links liegen läßt, weil man sowieso keine Produktionskapazitäten dafür freibekommen könnte.

Hiermit verschenkt AMD allerdings auch einiges an möglichen Marktanteilen – und dies zu einer Zeit, wo AMD medial gut dasteht und somit auch bei den PC-Herstellern auf größeres Wohlwollen stoßen dürfte. Aber ohne echte Lieferbarkeit – gerade für die kleinen Prozessorenmodelle, welche in Abermillionen-Stückzahlen benötigt werden – braucht man dort natürlich auch nicht anzuklopfen. Nicht umsonst bewegt sich bei den weltweiten Prozessoren-Marktanteilen derzeit eher weniger etwas, obwohl AMD Geschäftszahlen exzellent aussehen und Intel sich bestenfalls nur gut hält. Interessant am Rande: Der Core i3-10105F kommt auf nominell leicht niedriger Taktrate (samt niedriger TDP) sogar minimal besser als der Core i7-7700K heraus – trotz eigentlich gleicher Architektur und Fertigungstechnologie. Die minimalen Verbesserungen, welche Intel hier zwischen Kaby Lake und Comet Lake erzielt hat, reichen somit dafür aus, dass jenes LowCost-Modell des Jahres 2021 das Spitzenmodell des Jahres 2017 (knapp) schlägt.